Im Interview mit Madeleine Kern
Michael: Hallo HR, herzlich Willkommen zu einer weiteren Folge unserer Experteninterviewreihe „Wake up, HR!“. Ich freue mich besonders, dass ich Madeleine Kern von personalmarketingkern.de zu Gast habe. Madeleine du bist seit 2019 selbstständige Personalberaterin für kleine und mittlere Unternehmen. Dein Fokus liegt dabei vor allem auf der Stellenanzeige, weil diese sicherlich einer der größten Hebel im Recruiting für deine Kund*innen ist.
Deswegen bist du auch die ideale Expertin für unser heutiges Thema über die Stellenanzeige – speziell zu den Benefits.
Starten wir gleich mit unserer Eingangsfrage: Was ist für dich die Hauptaufgabe der Stellenanzeige?
Madeleine: Grundsätzlich beantwortet die Stellenanzeige viele Fragen, für Menschen, die sich für den Job interessieren:
- Der Titel sollte die Frage beantworten „Bin ich hier richtig?“.
- Die Aufgaben geben Einblick in den Job.
- Die Anforderungen stellen die Frage an die Leser*innen, ob man für den Job geeignet ist.
- Und zum Schluss die Benefits – ich nenne es lieber Angebot. Hierbei sollte den Leser*innen gezeigt werden, warum sie sich bewerben sollen. Da hakt es häufig an den Grundlagen.
Madeleine: Ich fände es schöner, wenn die Arbeitgeber mit der Basis anfangen würden. Was mir am Markt aktuell auffällt, ist, dass man von Benefits überschüttet wird. Nicht nur das gefühlt, alle die gleichen Benefits zu bieten haben, sondern auch, dass die Listen super lang werden. Doch statt konkret zu sagen, was die Kandidat*innen für den Job bekommen, werden die Listen eher mit „Benefits“ wie „spannende Aufgaben“ oder „faires Gehalt“ gefüttert.
Deswegen wäre es besser beispielsweise die genaue Anzahl der Urlaubstage zu nennen oder zu erklären, wie mobiles Arbeiten bei dem Arbeitgeber konkret aussieht.
Das sind die Basics und danach kann man die Liste weiter ausbauen. Beispielsweise mit Benefits, die darüber hinaus angeboten werden (Gesundheit, Mobilität, Kinderbetreuung, …).
Was aber ein echter Benefit ist, entscheidet jede Person für sich selbst. Häufig orientiert sich das an der Lebensphase, in der man sich befindet. Habe ich zum Beispiel Kinder, ist die Kinderbetreuung ein Pluspunkt. Ein ÖPNV-Ticket ist für Personen, die im Homeoffice arbeiten, eher weniger relevant. Also welche Benefits wirkliche Benefits sind, ist superindividuell.
Kleine Unternehmen haben hier den Vorteil, dass man über die Benefits sprechen und sie individuell umsetzen kann. Aber je größer das Team, umso schwieriger wird es, es allen recht zu machen.
Madeleine: Ja, und je mehr wir in den Mittelstand kommen, umso mehr können die Unternehmen aber auch anbieten – wie ein*e Werksärztin. Das kommt halt dann einfach mit auf die Liste, weil es da ist.
Ich habe letztens mit einer Freundin die Benefits auf ihrer Karriereseite erst einmal gegliedert. Sie haben 20 gute Benefits, aber in einer wilden Reihenfolge. Ich finde, man sollte immer mit den Basics anfangen und sich dann überlegen, welche weiteren Benefits für die Zielgruppe interessant sind. Um das herauszufinden, sollte man intern fragen, was die Belegschaft eigentlich interessiert.
Madeleine: Das glaube ich bei Benefits nicht, denn nicht jede Person interessiert sich für alles. Es geht eher darum, was in der Liste als Benefit angepriesen wird. Wenn dort von „spannenden Aufgaben“ die Rede ist, dann ist mit der Aufgabenbeschreiben in der Stellenanzeige etwas ganz und gar nicht in Ordnung. Das lässt mich dann nachdenklich werden. Ein anderes Beispiel ist der Kickertisch. Das ist für mich kein Benefit, sondern gehört mit zur Beschreibung der Unternehmenskultur.
Die Vermischung von Benefits und Kultur findet man häufig in Stellenanzeigen. Ich finde, hinter Benefits steckt immer etwas mit Geld, etwas das bezuschusst wird.
Madeleine: Das sind für mich „spannende oder herausfordernde Aufgaben“. Da bin ich dann raus. Wenn jemand den kostenlosen Kaffee als Benefit sieht, weil es in der Branche unüblich ist, dann ist das ok. Ich rate dann auch dazu, dass ruhig mit einem Augenzwinkern reinzuschreiben. Auch der Obstkorb kann mit genannt werden, aber dann bitte nicht an dritter Stelle und nicht nur der Punkt „Obstkorb“. Das kann man mit zur Gesundheit zählen und ein Teil davon sein, das zeigt, dass man sich um seine Mitarbeitenden kümmert – dann ist das auch in Ordnung. Generell sollten Benefits nicht nur aus einem Wort bestehen, wie eben „Obstkorb“ oder „Weiterbildung“. Besser ist es, diese zu beschreiben. Da ist auch ein Satz wie „Einmal im Quartal fördern wir eine fachlich gebundene Weiterbildung mit Budget XY“ wesentlich zielführender für die Kandidat*innen. Darunter können sie sich auch etwas vorstellen. „Faires Gehalt“ ist auch noch so ein Thema. Wer würde denn „unfaires Gehalt“ als Benefit aufnehmen?
Madeleine: Ja, aber nicht bei mir. Die Aufgabe ist das A und O! Hierin investiere ich auch die meiste Zeit mit meinen Kund*innen und dabei kommt immer heraus, dass die Aufgabe spannend ist – wenn auch nicht für alle, das ist aber klar.
Michael: Und auch jeder Job besteht nicht nur aus tollen Aufgaben. Es gibt auch Teilaufgaben, die weniger spannend sind, aber mit dazu gehören.
Michael: Meinst du, dass eine ausführlichere Aufgabenbeschreibung teilweise Benefits kompensieren kann? Also lieber eine ehrliche Beschreibung der Aufgaben, statt Benefits auszuwalzen?
In kleinen Betrieben oder in mittelständischen Unternehmen sind die Aufgaben meistens sowieso spannend, weil sie generell allumfassender sind. Hier hat man einen großen Verantwortungsbereich. Im Konzern hat man sich eher eine begrenzte Aufgabe, die aber sehr intensiv ist, weil man sich nur darauf konzentriert.
Das können wir für heute definitiv als Learning für die Zuschauer*innen mitnehmen: Bevor ich Benefits in die Stellenanzeige schreiben, sollte ich im Team fragen, welche Benefits eigentlich gewollt sind und welche nicht.
Michael: Das ist definitiv noch ein guter Rat zum Abschluss. Wer noch Fragen hat, kann Madeleine sicherlich auch über LinkedIn schreiben – hier steht sie euch dann Rede und Antwort. 😊
In diesem Sinne vielen Dank Madeleine, dass du dir heute die Zeit für uns genommen hast.
Madeleine: Danke für die Einladung!
Michael: Tschüss, bis zum nächsten Mal!
Hier finden Sie weitere nützliche Beiträge zu diesem Thema:
- Holen Sie das Maximum aus Ihrer Stellenanzeige heraus (Download Checkliste)
- Candidate Journey: So gelingt der optimale Bewerbungsprozess
- Der Karriereseiten-Check (inkl. Checkliste zum downloaden)
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