Die besten Talente einstellen und gleichzeitig positive Bewertungen selbst von abgelehnten Kandidat*innen sammeln – das erreicht nur, wer seinen Bewerber*innen eine positive Candidate Journey liefern kann. Wir geben Tipps, wie HR die Kandidat*innen von der Anziehung bis zur Zu- oder Absage und darüber hinaus begeistern kann.
Eine positive Candidate Journey – Wozu eigentlich?
75% der Kandidat*innen informieren sich über ein Unternehmen, bevor sie sich bei ihm bewerben. Ob Arbeitgeberbewertungsportal, die Website des Unternehmens oder dessen Social-Media-Kanäle: Kandidat*innen nutzen eine Reihe an Quellen, um sich ein Bild des potenziell zukünftigen Arbeitgebers zu machen. Wer hier vorwiegend auf negative Bewertungen stößt oder keine gewünschten Angaben zum Arbeitgeberprofil vorfindet, wird eine Bewerbung möglicherweise noch einmal überdenken. Auf der anderen Seite können positive Bewertungen die Motivation, sich zu bewerben, noch einmal verstärken. Genauso können auch genaue Informationen mit echten Einblicken, beispielsweise in die Unternehmenskultur, die Employer Brand stärken.
Doch nicht nur das: Zufriedene Kandidat*innen werden weiterhin…
- den Bewerbungsprozess vollständig bis zur Bewerbung durchlaufen,
- unabhängig vom Ergebnis positive Empfehlungen an ihre Bekannten aussprechen und so die Employer Brand positiv beeinflussen, und
- besser und zufriedener auf der neuen Position starten.
Allerdings bietet die Candidate Journey einige Stolpersteine und kann deswegen schnell schiefgehen. Ein nutzerunfreundliches Verfahren oder Rückmeldungen, die zu lange auf sich warten lassen, sind hier nur erste Punkte, die die Candidate Experience hinunterdrücken können. Deswegen gibt es im Folgenden Tipps für eine optimale Candidate Journey entlang des Bewerbungsprozesses bis zur Zusage oder Absage liefern.
Der Prozess der Candidate Journey insgesamt
Vor der schlussendlichen Einstellung der Kandidat*in besteht die Candidate Journey aus vier Phasen.
Der erste Touchpoint mit dem Unternehmen findet in der Anziehungsphase statt. Eine spannende Recruiting-Kampagne, eine interessante Stellenanzeige oder eine verlockende Empfehlung durch einen Bekannten haben das Unternehmen als Arbeitgeber auf die Liste der Kandidat*in geführt.
Je nachdem, wie stark diese Anziehungskraft ist, ist die Kandidat*in bereit, mehr über den potenziellen Arbeitgeber zu erfahren. In der Informationsphase schaut sich die Kandidat*in die Karriereseite und das Arbeitgeberprofil an und sucht nach passenden Stellenausschreibungen (wenn sie nicht durch eine auf das Unternehmen aufmerksam geworden ist).
Überzeugt diese Gesamtpräsentation des Unternehmens, bewegt sich die Kandidat*in in die Bewerbungsphase. Je nachdem, wie dieser Prozess aufgebaut ist, bereitet sie ein Anschreiben vor, füllt das Bewerbungsformular aus und lädt ihre Dokumente hoch. Vor der eigentlichen Einstellung fehlt damit nur noch die Auswahlphase, die mit dem Eingang der Bewerbung beginnt und mit einer Zu- oder Absage der Bewerber*in endet.
Während viele Kandidat*innen erst einmal grundsätzlich mit einem Unternehmen in Kontakt kommen (von ihm „angezogen“ werden), enden nur wenige davon in der Bewerbungs- und Auswahlphase. Entlang der gesamten Candidate Journey können einige Punkte zu einem Abbruch des Bewerbungsverfahrens führen. Gleichzeitig gibt es viele Punkte, die einfach optimiert und so für bessere Recruiting-Ergebnisse führen können. Diese sollen im Folgenden aufgelistet und erklärt werden.
Wie HR die einzelnen Phasen optimieren kann
Der Erfolg der Anziehungsphase hängt besonders von einem Faktor ab: der Zielgruppe. Diese muss identifiziert und im nächsten Schritt auf den richtigen Kanälen mit den passenden Inhalten angesprochen werden.
Wie kann ich meine Zielgruppe identifizieren?
Um die richtigen Kandidat*innen zu erreichen, müssen Recruiter*innen zunächst ihr Verhalten verstehen und nachvollziehen können. Dafür lohnt sich eine Einteilung in Bewerbertypen, sogenannte Candidate Personas. Je nach Vakanz werden hier die typischen Eigenschaften der Bewerber*in gesammelt. Diese werden in einem Steckbrief aufbereitet, um herauszufinden, wo sich diese Personen bewegen und wie sie angesprochen werden möchten.
So stehen für die Überzeugung der Generationen X und Y allgemein sinnhafte Aufgaben und Homeoffice-Optionen im Vordergrund, während andere Kandidat*innen vermehrt auf Weiterbildungs- und Karrieremöglichkeiten Wert legen. Gleichzeitig sind junge, weibliche Online-Marketerinnen eher auf Twitter und Instagram zu finden und mit einer kreativen Ansprache zu überzeugen, während Ingenieur*innen und ITler auf Businessnetzwerken anzutreffen und mit einer auf ihr Profil zugeschnittenen Ansprache zu überzeugen sind.
Umfragen unter den eigenen Mitarbeitenden und Bewerber*innen können hier Input für die einzelnen Steckbriefe liefern. Als Anregung können Sie sich außerdem drei von uns ausgearbeitete Candidate Personas hier downloaden.
Wie kann ich meine Inhalte zielgruppengenau ausspielen?
Aktive Kandidat*innen, die auf der Suche nach einem neuen Job sind, sind nicht nur auf Bewerbungsportalen unterwegs, sondern googlen auch aktiv nach Stellenanzeigen für ihre Berufsgruppe. Hier ist es bedeutsam, an der SEO-Optimierung zu arbeiten, um von Google besser gerankt und damit auf den ersten Seiten bei der Suche gefunden zu werden. Erste Anlaufpunkte sind hier:
- eine separate URL für die Stellenanzeige mit dem jeweiligen Jobtitel (beispielsweise www.firma.de/Karriere/Jobs/Jobtitel statt www.firma.de/aoffsdf=2734834)
- optimierte Ladezeiten mit einer Dauer zwischen 1,5 und drei Sekunden, und
- eine mobile Version der Webseite für Smartphone- oder Tablet-User.
Passiv wechselwillige Kandidat*innen, die nicht aktiv auf der Suche sind, sind allerdings nicht auf Jobbörsen unterwegs und müssen deswegen anderweitig erreicht werden. Hier ist besonders die Bewerbung der Stellenangebote über Social Media erfolgsversprechend. Denn mittlerweile sind fast alle sowohl privat als auch geschäftlich auf einem sozialen Netzwerk unterwegs. Ganze 75% nutzen sie sogar seit Corona noch intensiver als zuvor. Hier gilt es vor allem erneut, die Zielgruppe zu identifizieren und die jeweiligen Kampagnen dann auf den richtigen Netzwerken (mit den passenden Inhalten) zu streuen.
Eine andere Möglichkeit, passive Kandidat*innen zu erreichen, ist das Active Sourcing. Wo man die passenden Kandidat*innen findet und wie sie angesprochen werden möchten, lässt sich hier wieder von den Candidate Personas ableiten.
Die Informationsphase spielt sich zum größten Teil auf der Karriereseite des Unternehmens ab. Aber auch Bewertungsportale wie Kununu werden von vielen Kandidat*innen zu Rate gezogen und beeinflussen das Gesamtbild.
Die Karriereseite
Grundsätzlich sollte bei der Karriereseite die Gesamtpräsentation professionell, konsistent und möglichst transparent sein. Sie ist nicht nur die bloße Sammelseite aller Stellenausschreibungen, sondern sollte gleichzeitig Einblicke in die Unternehmenskultur, die Dienstleistungen und Produkte des Unternehmens und in das Bewerbungsverfahren liefern. Insgesamt sieht die optimale Karriereseite wie folgt aus:
- Sie ist von der Hauptseite des Unternehmens schnell auffindbar und in wenigen Klicks erreichbar.
- Die einzelnen Seiten und deren Bestandteile sind auch von mobilen Endgeräten aus erreichbar auf das jeweilige Format angepasst.
- Sie verlinkt deutlich und schnell erkennbar auf das Stellenportal, in dem alle aktuell offenen Vakanzen übersichtlich dargestellt werden.
- Das Stellenportal besitzt eine Filterfunktion, damit die Kandidat*innen nicht lange nach der passenden Stelle suchen müssen. Auch Initiativbewerber*innen finden alle für sie bedeutsamen Informationen (zum Beispiel zu den einzelnen Unternehmensbereichen).
- Die Ansprechpartner*in für die Bewerber*innen (bei möglichen Rückfragen) ist deutlich erkennbar und mit E-Mail-Adresse und Telefonnummer verlinkt.
- Die Karriereseite gibt Aufschluss über das eigene Unternehmen und deren Mitarbeitenden. Die Bewerber*in kann sich ein Bild von der hauseigenen Kultur machen und einschätzen, ob sie oder er in das Unternehmen passt. Bilder aus dem Büro oder Videos von Firmenevents können hier besonders ansprechen.
- Der Bewerbungsprozess ist transparent erklärt und mit durchschnittlichen Recruiting-KPIs hinterlegt (Wann kann die Bewerber*in mit einer Rückmeldung rechnen? Wie viel Zeit vergeht durchschnittlich von der Bewerbung bis zur Einstellung?).
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Social-Media-Kanäle
60% der Kandidat*innen bewerten es positiv, wenn Unternehmen ihre Social-Media-Kanäle für das Recruiting nutzen. Diesen Touchpoint sollten Arbeitgeber nutzen, um mit einer authentischen und möglichst transparenten Kommunikation die Unternehmenskultur zu übertragen und damit die Kandidat*innen anzusprechen.
Hier können verschiedene Kanäle, von LinkedIn und Xing über Instagram bis zu YouTube, mit Inhalten befüllt werden. Ob Videos aus dem Unternehmensalltag, Unternehmensnews und -erfolge oder Artikel aus dem Mitarbeiterblog – hier kann ein abwechslungsreicher und auf die Zielgruppe angepasster Themenplan einen hohen Mehrwert für die Kandidat*innen und damit schlussendlich auch für das Unternehmen liefern. Im Fokus sollten dabei immer echte Einblicke stehen. Schick aufbereitete Hochglanzbilder verwischen nicht nur die Realität, sondern mindern die Glaubwürdigkeit der Unternehmenskommunikation.
Der Umgang mit Arbeitgeberbewertungsportalen
Die Bewertungsportale wie Kununu, Glassdoor und Co. treffen auf immer stärkere Beliebtheit und sollten auf keinen Fall von Unternehmen ignoriert werden. Im Gegenteil: Eine Vielzahl an negativen Bewertungen können sich negativ auf die Employer Brand auswirken und für einen Abbruch im Bewerbungsprozess sorgen. Hier sollten Unternehmen regelmäßig überprüfen, welche Bewertungen eingegangen sind und gegebenenfalls auf negatives (aber auch auf positives) Feedback professionell reagieren. So können Personen von außen beide Sichtweisen betrachten und sich daraus eine fundierte Meinung bilden.
Der erste Touchpoint war stimmig, die Karriereseite aufschlussreich und ansprechend und die Kommunikation attraktiv – Sie haben Ihre Kandidat*in von sich überzeugt und zu dem Entschluss gebracht, sich zu bewerben. Aber Vorsicht! Dieser Entschluss ist noch nicht in Stein gemeißelt. Wer im eigentlichen Bewerbungsprozess die Nutzerfreundlichkeit außer Acht lässt, kann hier immer noch vorherige Pluspunkte einbüßen. Hier legen die Kandidat*innen auf folgende Punkte wert:
- Der Prozess ist möglichst kurz und einfach gehalten. Insgesamt wollen Bewerber*innen nur ungern mehr als zehn Minuten für die Bewerbung aufbringen.
- Ein Anschreiben wird (je nach Berufsgruppe) nicht vorausgesetzt, sondern als eine Option für die Bewerber*innen zur Verfügung gestellt. Stattdessen können die Bewerber*innen ihr Karriere-Netzwerk weiterleiten oder eine Videobotschaft senden.
- Die Eingabemasken im Online-Bewerbungsformular sind auf das nötigste beschränkt und können damit schnell ausgefüllt werden. Auch dieser Prozess sollte mobil optimiert sein.
- Die benötigten Dokumente können unkompliziert online hochgeladen werden. Der Uploader unterstützt hier möglichst viele Formate und Dateigrößen, damit die Bewerber*in keine zusätzlichen Anpassungen mehr vornehmen muss.
- Nach der Bewerbung bekommt die Bewerber*in binnen eines Tages eine personalisierte Nachricht, die den Eingang der Bewerbung bestätigt und im besten Fall Rückschluss darüber gibt, wann mit einer Rückmeldung zu rechnen ist.
Sobald die Bewerbung der Kandidat*in eingegangen ist, startet die Auswahlphase. Das Ziel des Unternehmens sollte es in diesem Schritt sein, dass
- Die ausgewählten Kandidat*innen den Vertrag unterzeichnen, und
- Abgelehnte Kandidat*innen mit einer positiven Erfahrung das Bewerbungsverfahren verlassen und bedauern, nicht eingestellt worden zu sein.
In diesem Prozess stehen Individualität, Transparenz und Schnelligkeit im Vordergrund.
Der Prozess im Allgemeinen
Kandidat*innen wünschen sich möglichst schnelle Rückmeldungen. So ist es vertretbar, ein bis zwei Wochen von der Bewerbung auf das Vorstellungsgespräch zu warten. Die gleiche Zeitspanne kann dann noch einmal vom Interview bis zum Angebot oder der Ablehnung vergehen. Die Rückmeldungen sollten so individuell und persönlich wie möglich gestaltet sein, um den Bewerber*innen nicht das Gefühl zu geben, „eine von vielen“ zu sein. Für das Vorstellungsgespräch oder die Vertragsunterzeichnung sollten immer mehrere Termine zur Verfügung stehen, falls die Bewerber*in noch arbeitet, auf Kinder aufpassen muss oder anderwärtige Verpflichtungen hat.
Das Vorstellungsgespräch
Im Interview kommt die Kandidat*in das erste Mal mit einer Repräsentant*in der Unternehmenskultur in Berührung. Hier sollte vom Empfang bis zur Verabschiedung der Bewerber*in auf eine gleichgestellte und wertschätzende Kommunikation geachtet werden. Um eine angenehme Atmosphäre zu schaffen und die Nervosität der Bewerber*in zu beruhigen, empfiehlt sich ein lockerer Small Talk von drei bis fünf Minuten am Anfang. Auch die Sitzordnung kann hier einiges bewirken, wenn die Bewerber*in nicht wie in einer Präsentation vor den Interviewer*innen sitzt, sondern beispielsweise an einem runden Tisch oder um die Ecke platziert wird.
Im Interview selbst legen die Bewerber*innen auf eine größtmögliche Transparenz wert: Von einer genauen Erklärung über die Inhalte und Aufgaben im Job bis zu Aussagen über das zukünftige Gehalt. Auch hier sollte ein realitätsgetreues Bild gezeichnet werden. Berechtigte Fragen, beispielsweise über den typischen Arbeitstag oder die Atmosphäre im Team, sollten direkt und ohne auszuweichen beantwortet werden. Unangemessene Fragen, beispielsweise zum Gehalt der Kollegen auf derselben Stelle, zählen hier natürlich nicht mit rein und sollten höflich und begründet abgewiesen werden.
Ablehnung oder Zusage?
Konnte die Bewerber*in im Interview von sich überzeugen, sodass die Führungskraft und/oder HR sich entschieden hat, sie einzustellen, folgt die Zusage. Diese sollte bestenfalls an einem im Gespräch vereinbarten Zeitpunkt erfolgen. Besonders, wenn die Kandidat*in sich bei mehreren Unternehmen beworben hat, kann hier Zeit von besonderer Bedeutung sein. Die Zusage sollte telefonisch übermittelt, der Form halber aber immer von einer schriftlichen Zusage begleitet werden. Ein telefonisches Gespräch gibt dem Ganzen eine persönliche Note und bietet außerdem die Möglichkeit, Einfluss auf die Entscheidung der Kandidat*in zu nehmen. So können beispielsweise noch letzte Fragen oder Zweifel persönlich geklärt werden.
Was nicht zu vergessen ist: Eine Zusage des Unternehmens ist noch nicht gleich eine Zusage der Bewerber*in. Das Schreiben selbst sollte professionell und formell gehalten werden, den Termin zur Vertragsunterzeichnung beinhalten und über das weitere Verfahren (ein weiteres Gespräch, Dokumente, den ersten Arbeitstag) informieren.
Hat die Bewerber*in nicht zum Unternehmen oder der zu Vakanz gepasst oder kommt sie aus anderen Gründen nicht in Frage, sollte trotzdem in jedem Fall eine Rückmeldung erfolgen. Für die Kandidat*innen ist eine Absage zwar keine schöne Nachricht – sie bringt ihnen aber Gewissheit und somit die Chance, sich auf ein neues Unternehmen zu konzentrieren.
Das Schreiben sollte einen wertschätzenden Charakter aufweisen, in dem sich HR noch einmal für die aufgebrachte Zeit und die Bewerbung bedankt und der Kandidat*in Erfolgswünsche für den weiteren Weg übermittelt. Gleichzeitig ist eine sachbezogene Begründung angebracht, um die interne Entscheidung transparent zu machen. Falls die Kandidat*in zwar grundsätzlich zum Unternehmen passt, aber andere Bewerber*innen für diese Position mehr überzeugen konnten, empfiehlt sich außerdem das Angebot, die Kandidat*in in den Talent Pool aufzunehmen.
Ein Best-Practice-Beispiel aus diesem Gebiet kann Red Bull vorweisen. Im Oktober 2020 konnte das Unternehmen viele Pluspunkte sammeln, nachdem ein (dennoch positiv gestimmter) Kandidat seine Absage auf LinkedIn veröffentlichte. Mit einer Absage überzeugen? Klingt seltsam, stimmt aber wirklich. Red Bull hat so statt eines standardisierten Schreibens ein Paket mit drei Red-Bull-Dosen und einem individualisierten Brief versendet, in dem die Absage begründet und eine Aufnahme in den Talent Pool für spätere Möglichkeiten angeboten wurde. Ein Vorgehen, das zwar aufwendig ist, aber gleichzeitig riesige Wellen für die Employer Brand geschlagen hat. Grundsätzlich lässt sich an diesem Beispiel sehr gut der Impact eines wertschätzenden Verhaltens erkennen.
Wie kann ich die Zufriedenheit meiner Kandidat*innen messen?
Der Nutzen einer positiven Candidate Experience ist nun deutlich, genauso wie die Optimierung des Bewerbungsverfahrens. Aber wie kann ich nun den Erfolg meiner Bemühungen messen?
Die klarsten Ergebnisse ergeben sich wohl, wenn die HR Bewerber*innen selbst befragt. Hier kann die oder der Personalverantwortliche nach der Bewerbung im Rahmen der Empfangsbestätigung einen Link zu einer kurzen Umfrage versenden. Eine andere Möglichkeit, um auch die Kandidat*innen zu erreichen, die frühzeitig abbrechen, wäre es, die Umfrage als „Extra“ in den Bewerbungsprozess zu integrieren. Selbstverständlich als „can do“ und nicht als „must do“. Diese Option zeigt den Bewerbenden außerdem, dass ihre Meinungen und Vorschläge zählen und wahrgenommen werden.
Auch Recruiting-KPIs können Aufschluss über die Qualität der Candidate Experience geben. Ist die Time-to–Hire seit der Realisierung der Optimierungspotenziale gesunken? Wie lange verweilen die Kandidat*innen auf der Karriereseite? Kommen jetzt mehr Kandidat*innen von Social-Media-Kanälen auf die Jobbörse? Änderungen in den KPIs können hier zeigen, wie erfolgreich die Maßnahmen waren, während sehr hohe oder niedrige Zahlen (beispielsweise eine hohe Drop-Out-Rate) Verbesserungspotenziale aufdecken können.
Ein anderer Tipp: Spielen Sie den Prozess selbst einmal durch und bitten Sie auch Mitarbeitende verschiedener Bereiche und Hierarchieebenen, einmal den Bewerbungsprozess zu durchlaufen und sich als Testkandidat*innen zu bewerben. So können Sie relativ einfach und unabhängig Optimierungspotenziale und Schwachstellen erkennen und ausbessern. Ohne, dass sie auf das Feedback “richtiger” Kandidat*innen warten müssen 💡
Von einer positiven Candidate Experience zu zufriedenen Mitarbeiter*innen
Werden all diese Faktoren berücksichtigt und die Bewerber*in mit einer größtmöglichen Transparenz ins Unternehmen eingeführt, steht einem positiven Start in das Unternehmen nichts entgegen. Jetzt gilt es, diese Transparenz und positiven Erfahrungen weiterzuführen. Ganze 30% der Mitarbeitenden kündigen laut einer Studie von Haufe zwischen der Unterzeichnung des Arbeitsvertrags und des ersten Arbeitstags.
Dem können richtig eingesetzte Preboarding-Maßnahmen entgegenwirken. Besonders, wenn die Zeitspanne bis zum ersten Arbeitstag einige Wochen lang ist, haben mögliche Unsicherheiten auf Seiten der Mitarbeitenden Zeit, sich zu verfestigen. Habe ich wirklich die richtige Wahl getroffen? Ist das andere Angebot nicht noch besser für mich? Möchte ich meinen aktuellen Arbeitgeber wirklich verlassen? Wer hier rechtzeitig eine emotionale Bindung zu den künftigen Mitarbeitenden aufbaut, kann diese Zweifel einfach aus dem Weg räumen.
Sind beispielsweise noch vor dem ersten Arbeitstag Firmen- oder Teamevents geplant, zu denen die neue Mitarbeiter*in eingeladen werden kann? Der erste Tag im neuen Unternehmen ist mit vielen neuen Eindrücken verbunden. Wer das Team aber zumindest schon kennengelernt hat, kann erste Unsicherheiten widerlegen. Grundlegend sollte das neue Teammitglied vor dem Antritt des ersten Arbeitstages außerdem schon einmal wichtige Infos zu dem Unternehmen (Leitwerte, Mission, Vision…) zugeschickt bekommen. Dazu kann die Ansprechpartner*in noch eine kurze, wertschätzende Info senden, dass sich die neue Mitarbeiter*in bei Fragen gerne an sie oder ihn wenden kann.
Das Preboarding sollte im nächsten Schritt von einem möglichst umfangreichen Onboarding abgelöst werden. Hier lohnt sich der Aufwand: Denn die beste Candidate Experience während der Bewerbung bringt nur wenig, wenn die gerade gewonnenen Talente von der Arbeit im Unternehmen enttäuscht werden und wieder wechseln 😉
Unsere Learnings
- Ein optimaler Bewerbungsprozess ist möglichst schnell und einfach gestaltet, um den Aufwand seitens der Kandidat*innen gering zu halten. Gleichzeitig sollte er möglichst viele Informationen rund um das Unternehmen, die Stelle und den Prozess an sich bereitstellen.
- Für die Identifikation der richtigen Zielgruppe sollten Unternehmen Candidate Personas erstellen und ihre Recruiting-Kampagnen und Active-Sourcing-Ansprachen entsprechend ausrichten.
- Eine übersichtliche, leicht erreichbare Karriereseite, die neben den Stellenanzeigen auch Informationen zur Unternehmenskultur liefert, sorgt nicht nur dafür, dass die Kandidat*innen ihren Person-Job-Fit und Cultural Fit einschätzen können, sondern auch, dass sich die passenden Kandidat*innen wirklich bewerben.
- HR sollte den Prozess der eigentlichen Bewerbung beim Unternehmen sollte so kurz und einfach wie möglich gestalten.
- Im gesamten Prozess, von der Ansprache bis zum ersten Arbeitstag, zählen Transparenz, gleichgestellte Kommunikation und eine angenehme Atmosphäre.
- Schnelle Rückmeldungen, zum Beispiel bei der Terminvereinbarung für das Interview, für die Vertragsunterzeichnung und bei Rückfragen, sind in der Kommunikation mit der Kandidat*in das A und O. Sie übermitteln ein Gefühl der Wertschätzung und sind vor allem dann von Vorteil, wenn sich die Kandidat*in bei mehreren Unternehmen beworben hat.