Vorhang auf: Unternehmen im Rampenlicht
Die Relevanz von Arbeitgeberbewertungen ist nicht (mehr) zu leugnen. Rund 200 Bewertungsangebote bieten die Möglichkeit für Mitarbeitende, ihre Meinung zum Unternehmen kundzutun und ihre Erfahrungen zu teilen. Das wiederum bietet Kandidat*innen bereits vor dem Bewerbungsprozess die Möglichkeit, sich über ein Unternehmen zu informieren.
Eins der bekanntesten Bewertungsportale in Deutschland ist Kununu mit monatlich 1,1 Mio. Unique Usern. Und auch die international bekannte Plattform Glassdoor hält ca. 6.500 deutschen Unternehmen den Spiegel vors Gesicht und gibt gleichzeitig (potentiellen) Bewerber*innen einen Blick hinter die Kulissen.
Einfluss auf die Entscheidung
Dass AG-Bewertungen immer präsenter werden, zeigen aber nicht nur die Nutzerzahlen von Kununu, Top Job und Co. Laut einer Studie von Softgarden gibt jede dritte Bewerber*in an, Arbeitgeberbewertungen bei der letzten Jobsuche in ihre Entscheidung einbezogen zu haben. Dies führte – je nach Bewertung – zur Entscheidung für oder gegen den jeweiligen Arbeitgeber. Allein diese Tatsache ist Grund genug für jeden Arbeitgeber, sich mit den eigenen Bewertungen auseinanderzusetzen. Dennoch wird die Notwendigkeit fürs Recruiting von vielen noch unterschätzt.
Die inneren Werte zählen
Mit sämtlichen Employer-Branding-Maßnahmen verfolgen Unternehmen das Ziel, als attraktiver Arbeitgeber für (potenzielle) Mitarbeiter*innen wahrgenommen zu werden. Dazu zählen die eindeutige Abgrenzung zur Konkurrenz sowie die daraus folgende persönliche Identifikation mit dem Unternehmen.
Doch Hochglanzfotos und geschönte Imagefilme zeigen meist nicht die reale Unternehmenskultur. Bewerber*innen wünschen sich einen authentischen Einblick in ihr potenziell zukünftiges Unternehmen, um eine Entscheidung für oder gegen das Unternehmen treffen zu können. Aus diesem Grund werden Erfahrungsberichte, Bewertungen etc. zu Rate gezogen.
Potenzielle Risiken
Bekannterweise hinterlassen vor allem unzufriedene Mitarbeiter*innen schlechte Kritiken. Und eine einzelne schlechte Bewertung kann ausreichen, um einen Shitstorm auszulösen und somit das gesamte Image zu ruinieren. Daher sollten diese nicht nur ernst genommen, sondern auch vom Unternehmen kommentiert werden.
Dabei ist es wichtig, mit der Verfasser*in auf Augenhöhe in den Dialog zu treten. Die sachliche Reaktion auf Bewertungen vonseiten des Unternehmens hinterlässt nicht zuletzt bei Kandidat*innen einen positiven Eindruck, wie eine weitere Studie zum Umgang mit Arbeitgeberbewertungen bestätigt. Und nur dann kann das Außenbild eines Unternehmens korrigiert und eine Schädigung des Images verhindert werden. Unaufrichtigkeit ist ein No-Go.
Leere Versprechungen
Werden im Vorfeld Versprechungen bzgl. flexibler Arbeitszeiten, Entwicklungs- und Karrieremöglichkeiten oder künftiger Arbeitsaufgaben gemacht, müssen diese auch gehalten werden. Leere Versprechungen fliegen im Alltag schnell auf und führen zu Unglaubwürdigkeit und hoher Fluktuation. Daher sollte nur kommuniziert werden, was gelebt wird und umgesetzt werden kann.
Professionalitätsverlust
Bewertungen sollten sachlich und neutral kommentiert werden. Denn ein öffentliches Austragen von Konflikten schadet dem Image des Unternehmens nicht nur aus Recruiting-Sicht, sondern generell. Es ist besser, einer Rezensent*in ein persönliches Gespräch anzubieten, um Differenzen zu klären und gegebenenfalls eine Lösung zu finden.
Echte Chancen
Zunächst einmal gilt: Wenn im Unternehmen alles stimmt, braucht man auch nach außen nichts zu befürchten und kann sich “auf guten Kritiken ausruhen”. Doch auch öffentlich einsehbare negative Kritiken bedeuten nicht automatisch Imageschäden. Vielmehr kann die Arbeitgebermarke gestärkt werden, wenn professionell und individuell auf erhaltene Bewertungen eingegangen wird.
Einsicht und die kommunizierte Bereitschaft, an sich zu arbeiten, signalisieren hierbei Progressivität und Veränderungswille. In jedem Fall sollte jedoch ein realistisches Bild des Unternehmens und dessen Werten vermittelt werden. Dafür muss die Unternehmenskultur in allen Bereichen des Unternehmens gelebt werden. Denn dies schafft Authentizität nach innen und außen.
Aufmerksamkeit
Um sich einen Eindruck zu verschaffen, werfen viele potenzielle Mitarbeiter*innen noch vor ihrer Bewerbung einen Blick in die Bewertungen eines Unternehmens. Daher lohnt sich ein Profil auf Bewertungsportalen, auf dem das Unternehmen regelmäßig aktuelle Inhalte streut und kontinuierlich mit Rezensenten interagiert. Denn wer sowohl auf gute als auch schlechte Bewertungen sachlich eingeht, zieht Aufmerksamkeit auf sich und geht mit gutem Beispiel voran.
Kostenfreie Werbung
Die persönliche Identifikation mit den Unternehmenswerten schafft eine emotionale Bindung der Mitarbeitenden zum Arbeitgeber. Daraus resultiert in erster Linie die Bindung der existierenden Belegschaft. Und zufriedene Mitarbeiter*innen sind bekanntlich die beste Werbung.
Konstruktives Feedback
Innerhalb eines Unternehmens (insbesondere in größeren) kann es vorkommen, dass Missstände oder Unzufriedenheit, beispielsweise in Bezug auf einzelne Prozesse, lange unentdeckt bleiben. Konflikte werden nicht immer offen angesprochen.
Daher nutzen Mitarbeitende u.a. die Möglichkeit, ihren Frust durch die Abgabe einer anonymen Bewertung deutlich zu machen. Das ist eine Chance für den Arbeitgeber Unebenheiten aufzudecken, die sonst unerkannt geblieben wären. Für Unternehmen ist es wichtig, von ihren Mitarbeitenden den Spiegel vorgehalten zu bekommen. Und anhand dessen Fehler, z.B. in puncto Umgangsformen, einzugestehen und gezielt daran zu arbeiten.
Entwicklung einer Antwortkultur
Folglich sollten sich Unternehmen darüber bewusst werden, dass Arbeitgeberbewertungen auch vorteilhaft sein können. Das Prägen einer Antwortkultur und schließlich die Etablierung einer strukturierten und einheitlichen Vorgehensweise zum künftigen Umgang mit Arbeitgeberbewertungen bilden dann die nächsten Schritte. Auch das aktive Einholen von Feedback von bestehenden sowie ehemaligen Mitarbeiter*innen ist eine Maßnahme, die zu einer erfolgreichen Feedbackkultur beiträgt.
Best-Practice-Beispiel hierfür ist die Siemens AG. Denn da ist der Call-to-Action zur Abgabe einer Bewertung bereits fester Bestandteil des Recruitingprozesses.
Laut einer Index-Studie von 2018 setzen mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen dies bereits um:
Meine Learnings
- Arbeitgeberbewertungen spielen eine zentrale Rolle bei der Arbeitgeberwahl
- Eine authentische Employer Brand entsteht nicht im Hochglanzmagazin, sondern muss gelebt werden.
- Ein angemessener Umgang mit Kritik und Einsicht stehen für Ehrlichkeit und Professionalität.
- Individuelles Kommentieren jeder einzelnen Bewertung zeigt Interesse an den Belangen der Mitarbeitenden.