Recruiting in der Reisebranche: Unser Geschäftsführer und Co-Founder Michael Benz spricht bei fvw | TravelTalk über die Herausforderungen von Reisebüros bei der Personalsuche und wie sie denen begegnen können.
Ein Auszug aus dem fvw | TravelTalk:
Die Buchungen im Reisebüro ziehen an, aber nicht wenige Fachkräfte haben der Touristik in der Krise den Rücken gekehrt. Worauf Chefs jetzt achten müssen.
Es ging Schlag auf Schlag: im Mai, im Juni, Juli und dann im August. “2020 habe ich vier von elf Mitarbeiterinnen verloren”, bedauert Reisebüro-Inhaber Michael Klöppner, der wegen der Pandemie alle in Kurzarbeit schicken musste.
“Sie haben gekündigt, weil sie keine Perspektive mehr gesehen haben und ihnen die Decke auf den Kopf fiel”, erinnert sich der Chef vom Holidayland Reisebüro Solatour in Bad Hersfeld. Er konnte sie verstehen. Gerade zieht sein Urlaubsgeschäft wieder an, und er hat Probleme, sein zweites Büro zu besetzen.
Fachkräftemangel eskaliert weiter
Trotz Krise mit zahlreichen Entlassungen: Der touristische Arbeitsmarkt bleibt angespannt. “Corona lässt in einigen Bereichen den Fachkräftemangel noch weiter eskalieren”, sagt Recruiting-Experte und whyapply-Gründer Michael Benz. Nicht zuletzt habe die Krise Schwachstellen ans Tageslicht gebracht.
Waren IT- oder Social-Media-Spezialisten schon vorher begehrt, suchen jetzt noch viel mehr Unternehmen nach eben diesen Experten. “Unternehmen müssen jetzt massiv in die Fachkräftegewinnung investieren”, betont Benz, der im Bereich Hotel, Tourismus, Gastronomie seit Mai einen Anstieg der ausgeschriebenen Stellen um mehr als 50 Prozent beobachtet. “Wenn Unternehmen jetzt noch abwarten, kann es passieren, dass der Geschäftsbetrieb trotz Lockerungen nur eingeschränkt fortgeführt werden kann.”
Demografischer Wandel spitzt Umbruch zu
Der Mangel wird sich weiter zuspitzen: Allein durch den demografischen Wandel fallen schon in wenigen Jahren Millionen Fachkräfte weg. Als ob das nicht schon reicht, fällt der Branche auch ihr Sparkurs bei den Auszubildenden auf die Füße: 62 Prozent weniger angehende Tourismuskaufleute fingen 2020 ihre Lehre an, so der Deutsche Industrie und Handelskammertag (DIHK).
Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein Verlust von etwa 1000 Reisebüro-Azubis. Erste Umfragen zeigen, dass sich auch in diesem Jahr der Azubi-Schwund kaum aufhalten lässt.
Nach wie vor kämpft die Branche mit coronabedingten unsicheren Zukunftsperspektiven, Imageproblemen und geringen Gehältern. Und so kehren auch immer mehr qualifizierte Fachkräfte der Touristik den Rücken. “Alle ehemaligen Mitarbeiterinnen haben die Branche gewechselt”, berichtet Klöppner, der dennoch den Kontakt zu ihnen hält und hofft, dass vielleicht die eine oder andere zurückkommt.
Die wichtigsten Tipps für das Recruiting
1. Ansprache: Arbeitgeber müssen sich noch stärker als bisher um qualifizierte Kandidaten bemühen. Wichtig ist vor allem eine facettenreiche und zielgruppenorientierte Ansprache potenzieller Bewerber. Insbesondere in Engpassberufen ist das Herausstechen auf dem Arbeitsmarkt als Arbeitgeber sowie das vertiefte Eingehen auf die Bedürfnisse der Arbeitnehmenden essenziell.
2. Digitalisierung: Corona hat die Digitalisierung im Recruiting vorangetrieben. Automatisierte Bewerbungsverfahren, schnelle und transparente Recruiting- und Bewerbungswege sind der neue Standard. Daneben etabliert sich Social Media als neuer Recruiting-Kanal.
3. Mitarbeiterbindung: Neben der Gewinnung neuer Arbeitskräfte sollten sich Unternehmen auf das Halten der aktuellen Mitarbeitenden konzentrieren. Ausschlaggebend sind hier die Kommunikation seitens der Führungskräfte sowie Faktoren wie Wertschätzung und Unterstützung. Gerade in unsicheren Zeiten muss der Arbeitgeber unterstützend wirken und für das gesamte Team da sein.
4. Talent-Pool: Der Aufbau eines Talent-Pools insbesondere für Spezialisten und Engpassberufe gewinnt an Bedeutung. Es wird wichtiger denn je, mit bereits identifizierten Fachkräften in Kontakt zu bleiben. Ähnlich wie bei der Mitarbeiterbindung geht es sprichwörtlich darum, “den Fuß in der Tür zu haben”.
5. Arbeitgebermarke: Gerade jetzt sollte Employer Branding an Fahrt gewinnen. Unternehmen müssen kontinuierlich dranbleiben, wieder aktiver werden und fokussiert an der Stärkung ihrer Arbeitgebermarke arbeiten, um für Bewerber attraktiv zu sein. Es geht dabei um langfristig angelegte Ziele und Maßnahmen, deren Effekte sich nicht prompt in den nächsten Zahlen widerspiegeln.
Gerade in der Krise können Führungskräfte dafür sorgen, dass es den Mitarbeitern gut geht, sie langfristig ans Unternehmen binden und als starke Arbeitgebermarke aus der Krise hervorgehen. Unternehmer könnten beweisen, dass sie nicht nur Versprechungen machen, sondern wirklich den Team-Zusammenhalt fördern, transparent kommunizieren, Homeoffice-Kollegen vertrauen und auch auf deren Work-Life-Balance Rücksicht nehmen.