In unserem Artikel die Stimme der Arbeitgebermarke haben wir verdeutlicht, dass Kommunikation das Mittel für ein gesundes Employer Branding ist. Aber auch vermeintliche Nicht-Kommunikation zahlt (meist negativ) auf die Arbeitgebermarke ein, denn es ist auch für Unternehmen unmöglich, nicht zu kommunizieren.
Employer Branding ist Kommunikation
“Man kann nicht nicht kommunizieren” – dieser eiserne Lehrsatz aus der Kommunikationswissenschaft ist eins zu eins auf das Thema Employer Branding übertragbar. Employer Branding ist eines der Wundermittel der vergangenen Jahre, um sich als attraktiver Arbeitgeber auf dem Arbeitnehmermarkt zu positionieren. Doch so einfach ist das nicht.
(Employer) Branding kommt von Kühen
Der Begriff „Branding“ kommt ursprünglich aus der Viehwirtschaft. Um die gleich aussehenden Kühe am Ende der Saison auseinanderzuhalten, markierte man sie mit unterschiedlichen Brandzeichen 🐄. Schaut man sich heute in der deutschen Arbeitgeberlandschaft um, kommt einem als Kandidat*in schnell der Eindruck, man stehe auf einer “Weide gleich gebrandeter Kühe”.
Das Brandzeichen auf dem Arbeitsmarkt: die Employer Value Proposition
Dabei haben die Unternehmen durchaus einzigartige Merkmale, die sie voneinander abgrenzen. Denn der Schlüssel einer starken und authentischen Arbeitgebermarke liegt in der Employer Value Proposition (EVP).
Die EVP ist das Kernelement der Employer Brand und beschreibt die Gesamtheit aller Angebote und somit das Alleinstellungsmerkmal eines Arbeitgebers, um sich von der Konkurrenz abzuheben. Sie ist sowohl ein Versprechen an potenzielle als auch an bestehende Mitarbeitende.
Das Brandzeichen-Paradoxon
Im Grunde ist die EVP also das individuelle Brandzeichen. Warum sehen dann trotzdem alle gleich aus?
Eine Untersuchung zu den Benefits der DAX-Konzerne ergab, dass alle Unternehmen exakt dieselben Benefits bieten, um für Arbeitnehmer*innen besonders attraktiv zu sein. Nur bei einem Konzern sind Hunde nicht erlaubt.
Aber: Zusätzlich fanden wir heraus, dass die „harten“ Benefits kaum einen Ausschlag für die Arbeitgeberwahl geben. Vielmehr legen Arbeitnehmer*innen u.a. Wert auf:
- eine wertschätzende Firmenkultur,
- spannende Aufgaben bei der Tätigkeit oder
- zukunftsorientiertes Denken und Handeln (Stichworte: Nachhaltigkeit und Umweltschutz).
Die EVP kann jedoch erst ihre volle Wirkung entfalten, wenn die spezifischen Besonderheiten eines Unternehmens auch transparent kommuniziert und gelebt werden. Und hierin liegt scheinbar der Haken.
Folgen von Nicht-Kommunikation
1. Beispiel: Krisenmanagement
Eine Umfrage von karriere.at hat während der Hochphase der Corona-Krise in Deutschland und Österreich Arbeitnehmer*innen zu ihrer Jobwechselbereitschaft befragt. Das Ergebnis sagt aus, dass jede zweite von ihnen direkt nach der Krise den Job wechseln möchte. Eine rigorose Aussage und dennoch trifft sie den Kern. Denn wenn Arbeitgeber sich während Corona nicht um:
- ihre Mitarbeiter*innen kümmern,
- Wertschätzung für deren Leistungen und Engagement, trotz oder gerade wegen der schwierigen Situation, zeigen oder
- Hoffnung und Zuversicht für die gemeinsame Zeit nach der Krise vermitteln.
Dann tun sie zwar nichts, machen aber dennoch jede Menge falsch.
2. Beispiel: Umwelt und Nachhaltigkeit
Eine Studie von Königsteiner zum Jobfaktor Klima fand heraus, dass Arbeitnehmer*innen sich Informationen vom Arbeitgeber zu dessen Engagement im Bereich Umweltschutz und Nachhaltigkeit wünschen. Jedoch nur in einem Bruchteil aller Fälle diese vom Arbeitgeber auch tatsächlich bekommen oder oftmals schwer aufzufinden sind. Auch hier wieder dasselbe Spiel: die fehlende Kommunikation kann einen deutlichen Effekt auf den Bewerber*innen-Strom und deren Bild vom Arbeitgeber haben.
3. Beispiel: Wunschdenken vs. Realität
Ähnliches stellte die Befragung von StepStone fest. Hier wurden hunderte Fachkräfte zur Arbeitgeberattraktivität befragt. Die Umfrage ergab, dass sich 90% der Arbeitnehmenden eine wertschätzende Kultur wünschen, aber nur 18% das in ihrem aktuellen Umfeld als gegeben betrachten. Ebenso äußerten 91% den Wunsch nach Karriere- und Weiterbildungsmöglichkeiten. Wohingegen gerade einmal 17% diesem Bedürfnis im Joballtag auch nachgehen können.
Kurz & knapp: Jede Nicht-Kommunikation erhöht das Risiko von sowohl potenziell passenden Talenten, nicht wahrgenommen zu werden, als auch die Bindung zu den aktuellen Mitarbeitenden zu verlieren.
Blackbox – Nicht-Kommunikation
Das Verheerende an diesem Nicht-Employer-Branding ist nicht, dass kein Shitstorm stattfindet, kein großer Aufschrei entsteht, keine Empörung publik wird oder eine öffentliche Benennung von Defiziten zum Tragen kommt. Vielmehr ist es, dass Unternehmen ihre Fehler nicht erkennen und demzufolge auch nicht darauf reagieren können. Denn auf den ersten Blick geschieht scheinbar rein gar nichts.
Natürlich werden Kandidat*innen ihre Unzufriedenheit wegen ausbleibender Kommunikation auf Arbeitgeberseite meist nicht öffentlich kundtun. Sie werden sich einfach für einen anderen Arbeitgeber entscheiden, ohne dass das Unternehmen dies mitbekommt.
Was bleibt ist der Frust im Unternehmen und die Frage, wo die Kandidat*innen sind.
Die Hoheit der Kandidat*innen auf dem Arbeitsmarkt
Schaut man sich die Sicht der Kandidat*innen und deren Situation an, wird schnell klar, dass Aktivismus von Seiten der Kandidat*innen nicht zu erwarten ist. Schließlich hat sich in den vergangenen Jahren der Arbeitgebermarkt hin zu einem Arbeitnehmermarkt entwickelt. Demzufolge können sich die Kandidat*innen die Position und damit auch den Arbeitgeber (bei geeigneter Qualifikation) aussuchen.
Warum sollten Kandidat*innen also den Anreiz haben, einen potenziellen Arbeitgeber (was er zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht ist) Anregungen zu geben, wie er ihnen gefallen könnte?
Kommen wir noch einmal zur Kuh-Metapher zurück:
Stehen auf einer Wiese nur gleich markierte Kühe, wird einem die Kuh, die am lautesten “muht” am ehesten Auffallen. Das gleiche gilt für Arbeitgeber! Wer während der Krise aktiv Employer Branding betrieben und bei seiner Zielgruppe präsent war, sticht am meisten aus der Masse heraus und erweckt somit zum einen Interesse bei seiner Zielgruppe. Darüber hinaus zeigt das Unternehmen seiner Belegschaft, dass es die “beste Kuh auf der Weide” ist.
Es sind die Unternehmen, die es in der Hand haben, das Beste aus sich herauszuholen, um so das Interesse potenzieller Kandidat*innen zu wecken.
Meine Learnings
- Arbeitgeber können nicht nicht kommunizieren.
- Kommunikation findet immer statt und beeinflusst Innen- und Außenwirkung des Arbeitgebers.
- Die Benefits sind nicht zwingend die USPs eines Unternehmens.
- Employer Branding erfolgt nicht nur aktiv und bewusst.
- Anhaltende Nicht-Kommunikation reduziert die Aufmerksamkeit der Employer Brand.
Und im zweiten Teil unseres Artikels geben wir fünf Tipps, wie man mittels Kommunikation zum Top-Arbeitgeber wird – Muhhhhh!