Augen auf – LinkedIn hat jetzt Stories! Der Netzwerkriese setzt auf mehr Interaktivität in der Businesswelt und bietet durch die Story-Funktion einen neuen Weg, mit der Community in Austausch zu treten. Das Feature bringt somit auch in Sachen Employer Branding und Personal Branding interessante Chancen mit sich.
Business-Kommunikation erfährt frischen Wind
Was als Student-Voices-Projekt in den USA begann, wurde nun nach und nach für die mehr als 700 Millionen User*innen weltweit zugänglich gemacht: das Story-Feature von LinkedIn. Seit dem 20.10.2020 ist es nach längerer Testphase auch in Deutschland soweit. Nun bekommen auch die 15 Millionen Nutzer*innen der DACH-Region die Möglichkeit, Erlebnisse in diesem Format mit ihrer Community zu teilen und dabei eine neue, auf schnelle Interaktion ausgerichtete Ebene des (fachlichen) Austauschs zu betreten.
– Nur das Resultat von Gruppenzwang oder steckt doch mehr dahinter?
Droht LinkedIn die Instagramisierung?
Wenn man „Stories“ hört, assoziiert man damit sofort bunte Bild- oder Videoposts mit Filtern und anderen Effekten, die es auf den meisten sozialen Netzwerken zu sehen gibt.
Trotz insgesamt positiver Resonanz wurden bereits vor Veröffentlichung kritische Stimmen laut: Wie beispielsweise wozu LinkedIn jetzt auch noch Stories braucht oder dass es unseriös wirkt. Einige User*innen befürchten zudem, dass sie durch das neue Feature zugespammt werden, die Stories zu Werbezwecken missbraucht werden und das berufliche Netzwerk einen „zu privaten Charakter erhält”. Dabei kann die Plattform vielfältig genutzt werden und ist längst nicht nur der Place-to-be, um sich mit beruflichen Kontakten auszutauschen. Genauso wenig, wie Facebook und Insta nur für das Posten von Sonnenuntergängen und Urlaubshighlights vorgesehen sind.
Sind die Zweifel und Befürchtungen, LinkedIn sei oder werde das neue Instagram und verfehle seinen ursprünglichen Zweck, unbegründet?
LinkedIns ursprüngliche Ziele
Mit der Einführung von Stories verfolgt LinkedIn klare Ziele. Im Gegensatz zu TikTok, Instagram & Co. dienen LinkedIn Stories in erster Linie dem Teilen von beruflichen Inhalten, nicht privaten.
Zum einen ist LinkedIn bestrebt, vor allem Young Professionals anzusprechen, um mehr Nutzer zu generieren, die Community zu vergrößern und damit seinen Fortbestand auch langfristig zu sichern. Denn diese wachsen mit diversen Social Media Features auf und hinterfragen deren Daseinsberechtigung und Nutzen weniger als Senior Professionals. Und ohne die „gängigen“ Features wäre LinkedIn möglicherweise eher uninteressant für sie.
Zum anderen möchte LinkedIn den Fokus aufs Vernetzen legen, seine User zu einem regeren Austausch mit ihrer Community motivieren und Variation in die Kommunikation auf der Plattform bringen. Denn Interaktion fördert Netzwerkarbeit und hält die User auf der Plattform. Wenn immer wieder neuer Content hinzukommt, der nur für eine beschränkte Zeit sichtbar ist, tendieren Nutzer*innen öfter dazu, sich in der LinkedIn-App aufzuhalten.
Story bleibt Story – also doch nichts Neues?
Grundsätzlich ist „Story“ die Story, die wir schon kennen. Der Unterschied ist, dass LinkedIn eine vereinfachte, abgespecktere Version anbietet, die noch intuitiver ist und nicht mit 1000 Spielereien überfordert. Die Abbildung zeigt eine Übersicht über alle Features der LinkedIn-Story:
Auf den Businesskontext umgemünzt, finden sich kleine Extras wie Sticker und eine Textoption. Auf Filter und andere Effekte wird verzichtet. Zur Interaktionsförderung können User beispielsweise „die Frage des Tages“ (welche bislang vorgegeben und nicht änderbar ist) in ihre Story einbauen. Denn Viewer haben die Möglichkeit, sofort auf die Stories ihrer Kontakte ersten Grades zu reagieren. Die von Instagram bekannten Interaktionstools wie Quiz, Abstimmungen oder Sofortreaktion-Emojis sind hierfür (noch) nicht verfügbar. Was vor dem Hintergrund der Nutzungsabsichten auch nicht weiter tragisch ist.
Aus UX-Sicht ungünstig ist allenfalls, dass Stories aktuell nur mobil in der LinkedIn App konsumiert werden können. Denn viele User nutzen vor allem auf der Arbeit wahrscheinlich eher die Desktopversion und können die Stories ihrer Kontakte nicht mal ebenso nebenbei im Tab anklicken. Dies sollte insbesondere bei der zeitlichen Planung und Ausspielung von Story-Posts berücksichtigt werden, da es darauf hindeutet, dass Stories eher außerhalb der gewöhnlichen Arbeitszeiten geschaut werden.
Mehrwert für alle
Generell profitieren alle User*innen von der neuen Funktion, da sie
- … einen Konversationsaufhänger bietet und damit die Kontaktaufnahme erleichtert.
- … dazu beiträgt, gegenseitig voneinander zu lernen und neue Erkenntnisse zu gewinnen.
Die Story-Funktion bringt aber vor allem für Arbeitgeber einige Vorteile mit sich, denn sie
- … erleichtert und steigert die Kommunikation nach innen und außen.
- … bietet eine schnelle Möglichkeit, tagesaktuelle Inhalte zu streuen.
- … ermöglicht authentische Einblicke in den Arbeitsalltag.
- … kann die Arbeitgebermarke und das Unternehmensimage positiv beeinflussen.
- … schafft und stärkt über zusätzliche Touchpoints Bindung zu bestehenden und potenziellen Mitarbeiter*innen.
Potenziale fürs Employer Branding
Wie könnte die Story-Funktion nicht zum Storytelling genutzt werden, wo doch der Name schon Programm ist? Ähnlich wie in „gewöhnlichen“ Employer-Branding-Videos, wird die Arbeitgebermarke direkt durch die Stimmen der Mitarbeiter*innen geprägt – nur mit etwas mehr Dynamik.
Neben schnellen Updates und Live-Berichterstattungen können auch spontane Momentaufnahmen Inhalte der maximal 20-sekündigen Video- oder Bildsequenzen sein und die bisher recht monotone, textlastige Business-Kommunikation auflockern.
Denn ob “Funny Content” oder Fachdiskussion – bei Stories schwingt Leichtigkeit mit. Nicht zuletzt dadurch, dass sie ohnehin nach 24h wortwörtlich wieder von der Bildfläche verschwinden und den Newsfeed und das Profil nicht bis ins Unermessliche füllen. Kleine Fauxpas sind schneller wieder vergessen oder fallen gar nicht erst auf.
Den richtigen Posting-Mix finden
Da LinkedIn nicht von Kommunikation zwischen Unternehmen, sondern Personen und eben dieser Mensch-zu-Mensch-Kommunikation lebt, sollte das Potenzial von Mitarbeiter*innen als Corporate Influencer nicht unausgeschöpft bleiben.
Das hat zwei Vorteile: Zum einen werden insgesamt mehr Personen erreicht. Zum anderen zahlt eine starke Personal Brand auch auf die Unternehmensreputation ein.
Herausforderung hierbei ist allerdings, einen guten Mix zwischen Content aus dem Unternehmensprofil heraus und dem der einzelnen Mitarbeiter*innen zu schaffen und diesen je nach Abteilung auf die Zielgruppe und die eigenen Kontakte anzupassen. Außerdem darf man nicht vergessen, dass auch Mitarbeiter*innen als natürliche Personen unabhängig ihres Arbeitgebers auf LinkedIn agieren, sodass möglichst eine Balance von „privaten“ und arbeitgeberbezogenen Posts geschaffen werden sollte.
Nun stellt sich jedoch die Frage: Was soll in Stories auf einem Businessnetzwerk wie LinkedIn eigentlich gezeigt werden?
Unternehmensalltag zeigen
Insights aus dem Unternehmensalltag bilden das perfekte Story-Futter. Firmen bekommen so eine weitere Bühne für ihre Präsentation nach außen und die Chance, ihre Arbeitgebermarke aufzubauen, zu stärken und neue Facetten von sich zu zeigen. Die visuellen Impulse geben ein authentischeres Bild des Arbeitgebers wieder. Damit könnten sie Grundlage für potenzielle Bewerber*innen sein, sich mit dem Unternehmen zu identifizieren – und motivieren bestenfalls zur Bewerbung.
So bietet es sich an, entweder einzelne Abteilungen oder Teams vorzustellen. Das heißt, seinen Kontakten etwas mehr „Leben“ zu zeigen und so indirekt Crowd Recruiting anzukurbeln. Konkrete Einblicke in den Arbeitsalltag könnten Messevorbereitung, Bürodekoration oder Rituale wie gemeinsame Pausen sein. Auch Teambuilding-Maßnahmen sind für nahezu alle möglichen Berufsgruppen interessant und relevant, sodass man die ein oder andere Idee fürs eigene Unternehmen mitnehmen kann.
Diskussionen anregen
Um zu verdeutlichen, in welche Richtung sich das Unternehmen weiterentwickelt oder vor welchen Herausforderungen es künftig steht, könnten Projekte angeteasert oder provokative Fragen in den Raum gestellt werden. Aktuell beliebte Diskussionsthemen sind beispielsweise die Sinnhaftigkeit und der Zweck der Tätigkeit, Remote Work und die Nutzung von KI im Recruiting. Dazu könnte man in den Stories Stellung beziehen und einen Austausch anstoßen.
Meilensteine feiern
Was gibt es Schöneres als Erfolge zu verkünden und zu feiern? Ob einer einzelnen Mitarbeiter*in, des Teams oder einer Abteilung – die Freude und der Stolz über eine Auszeichnung, erreichte Meilensteine oder erfolgreich abgeschlossene Projekte kommen im Rahmen einer Story natürlich ganz anders zur Geltung als in einem statischen Bild-Post. Denn Emotionen werden durch bewegte Bilder besser übermittelt und rufen diese wiederum auch eher bei den Viewer*innen hervor.
Das vermittelte Gefühl der Nahbarkeit zu seinen B2B-Kontakten wirkt kommunikationserleichternd, bietet andere Perspektiven und könnte das Unternehmen in ein neues Licht rücken.
Nicht als Werbefläche missbrauchen
Werbung ist auch auf LinkedIn ein heißes Eisen. Wer nur sein Unternehmen, dessen Content und Produkte bewirbt, landet schnell im mysteriösen „LinkedIn Jail“.
Marketing muss dennoch nicht zu kurz kommen: Der ein oder andere Blogbeitrag kann mit einem Story-Post guten Gewissens gepusht werden. Vor allem wenn ein kontroverses Thema im Fokus steht. Auch Produkt-Launches (nicht: -werbung!) sind in der Story gut platziert – sowohl in Firmen- als auch Personen-Profilen.
Vorsicht: Personen-Profile repräsentieren nicht nur das Unternehmen, wenn unternehmensspezifischer Content gepostet wird. Deshalb sollten die kleinen Kreise nicht als Werbeschleuder missbraucht werden. Da riskiert auch die ein oder andere Mitarbeiter*in schon mal Schäden ihrer Personal Brand, ihren Ruf oder sogar ihren Job. Abstimmung ist hierbei deshalb das A und O.
Stories sind nicht mal schnell und einfach nebenbei gemacht
Ein Problem ist, dass sich so ein Story-Kanal nicht von allein bespielt und sich jemand darum kümmern muss. Es ist empfehlenswert, mindestens eine Stunde pro Tag zur Content-Pflege des Profils einzuplanen.
Folgende Fragen können da schon Kopfzerbrechen bereiten: Wer ist verantwortlich? Aus welchen Accounts heraus werden Stories gepostet? Welcher Content wird ausgespielt? Was interessiert die Community? Gibt es einen Redaktionsplan? Wer hat die Berechtigung, Firmeninhalte zu posten? Muss eine vorherige Erlaubnis bzw. Freigabe erfolgen? Das ist gar nicht so einfach und lässt den Aufwand, der dahintersteckt, schon vermuten.
Wichtig: Content muss auf die eigenen LinkedIn-Kontakte abgestimmt werden. Dabei ist zu beachten, dass Kontakte nicht immer mit der Zielgruppe gleichzusetzen sind!
So können zwar verschiedene Abteilungen beispielsweise auf die gleiche Blogcast-Folge in ihrer Story hinweisen, doch müssen diese jeweils in einen anderen Kontext setzen und verpacken – je nach Bereich und Zielgruppe (zum Beispiel die B2B-Kundschaft im Sales).
Bei aller Planung und gezielter Vorbereitung darf jedoch nicht vergessen werden, dass das Tool gerade auf die schnelle und mobile Nutzung abzielt, sodass Potenzial verschwendet würde, wenn nicht auch ab und zu spontane Story-Posts in das Netzwerk einfließen würden.
LinkedIn Story – kann zu Imageschäden führen
Dies birgt allerdings die Gefahr, undurchdacht mit unzureichender Abstimmung “drauf los zu posten” und damit schlimmstenfalls eine Kerbe in der Unternehmensreputation zu hinterlassen.
Die „gute“ Nachricht ist: Stories sind nicht für jede*n sichtbar, sondern „nur“ für eigene Kontakte und Follower bestimmt. Das heißt aber auch, dass sie im Vergleich zu Posts, die im Newsfeed erscheinen und dessen Reichweite gepusht werden kann, nur eine limitierte Zahl an Nutzer*innen erreicht. Somit erzielt das Bespielen von Profilen mit großem Netzwerk einen stärkeren Effekt.
Fazit: Eine gesunde Menge an gepostetem zielgruppenspezifischem Content – mit oder ohne Stories – und ein kontrolliertes Handling der Verantwortlichen wirkt professionell und zweckgerichtet. Denn, wie wir in unserem Artikel zu den Risiken und Schäden der Nicht-Kommunikation gezeigt haben, sind eine kontinuierliche Kommunikation mit der Zielgruppe sowie den Mitarbeitenden essenziell.
Unser (derzeitiges) Fazit
Letztendlich darf LinkedIn nicht losgelöst von anderen Netzwerken betrachtet werden. Instagram & Co. werden schließlich in ähnlicher Weise von Unternehmen genutzt. Warum sollten die Erwartungen an LinkedIn anders sein? Und warum sollten Features, die für den Privatbereich genutzt werden, nicht auch fürs Business sinnvoll sein? Aber Vorsicht: Nicht jeder Content eignet sich für jede Plattform und jede Zielgruppe gleichermaßen.
Update (01.09.2021): Zum 30.09.2021 stellt LinkedIn das Story-Feature wieder ein. Der Grund dafür ist, dass die Funktion von den User*innen nicht so angenommen wurde wie ursprünglich erhofft. Stattdessen arbeitet LinkedIn an einem neuen Videoformat – wie das konkret aussehen wird, ist aktuell aber noch nicht bekannt. Wir sind auf jeden Fall gespannt 😉
Unsere Learnings
- Es lohnt sich, bestimmte Inhalte über LinkedIn Stories zu kommunizieren und zu teilen.
- Story-Posts sollten sich von anderen Posts abheben.
- Spontankommunikation mit der Community schafft Nähe und prägt die Arbeitgebermarke.
- Inhalte für die Story sollten auf das jeweilige Netzwerk sowie die Zielgruppe abgestimmt sein.
- Die Nutzung des Features ist abhängig von zeitlichen und personellen Ressourcen.
- Die LinkedIn Story sollte nicht als Multi-Job-Posting-Tool missbraucht werden.